Auf der Spur: Wie funktioniert eigentlich eine Hundenase?
Ein Interview mit Biologin und Suchhundetrainerin Lea Jaster vom K-9 Suchhundezentrum Nord& der Hundeschule Eckernförde.
Spielt der Geruchssinn bei Hunden wirklich eine so viel größere Rolle als Hören und Sehen?
Ja, definitiv. Hunde sind Nasentiere, die nehmen ihre Umwelt vor allem über Gerüche wahr. Der Geruchssinn ist wirklich sehr, sehr wichtig. Das sieht man zb. an blinden Hunden, die sich trotzdem noch sehr gut in ihrer Umgebung zurechtfinden können. Ich habe im Training einen blinden Hund, der im Endeffekt sogar schneller gelernt hat als die sehenden Hunde, weil er sich auf seine Nase konzentriert hat.
Warum können Hunde eigentlich so viel besser riechen als Menschen?
Menschen und Hunde haben beide Riechzellen auf der Nasenschleimhaut. Beim Hund ist die Fläche der Schleimhaut im Vergleich zum Menschen aber sehr eng aneinander gefaltet, und wenn man sie auseinanderfalten würde, wäre sie etwas zehnmal so groß wie die der menschlichen Nase. Ein Mensch hat ca. 10 Millionen Riechzellen und ein Hund ca. 200 Millionen Riechzellen.
Gibt es vielleicht auch Hunde, die doch mehr ihre Augen und Ohren nutzen als ihre Nase?
Die Nase zu benutzen ist den Hunden in die Wiege gelegt. Spurensuche oder Zielobjekt-Suche (ZOS®) können alle Hunde lernen, unabhängig von Rasse, Alter oder Größe. Aber man muss schon gucken, wofür ist der Hund eigentlich gemacht. Hunde, die dafür gezüchtet wurden nach Sichtreizen zu arbeiten, zb. Border Collies, sind bei der Nasenarbeit zwar auch super, aber sie lassen sich mehr von Bewegungen in ihrer Umgebung ablenken. Typische Spurenleser wie Schweißhund oder Bloodhound blenden alles aus und konzentrieren sich auf den Geruch. Wir sagen im Training „sie trüffeln sich weg“. Sie nehmen gar nicht mehr wahr, was außen rum um sie passiert.
Es heißt ja, dass Hunde sogar mehrere Tage oder Wochen alte Spuren noch verfolgen können. Wie funktioniert das?
Jeder Mensch verliert laufend viele kleine Hautschüppchen und andere Geruchspartikel, zirka 40.000 pro Minute. Für uns Menschen sind diese nicht sichtbar, aber wenn wir im Suchtraining eine Spur anlegen, also jemanden vorausschicken, den der Hund dann suchen soll, folgt der Hund genau dieser Partikelspur. Er läuft dabei aber meist nicht schnurgerade den Weg ab, den der Mensch vorher gelaufen ist, sondern verlässt den Weg oder läuft in Schlangenlinien. Das liegt daran, dass schwere Geruchspartikel eher liegen bleiben und die leichten von der Luftbewegung zur Seite weggedrückt werden. Tatsächlich können Hunde auch mehrere Tage oder sogar Wochen alten Spuren folgen. Das liegt an den schweren Partikeln, die so lange liegen bleiben, dass sie immer noch riechbar sind. Dafür müssen Hunde allerdings schon eine gewisse Ausbildung haben.
Im Buch klagt Flo einmal über eine „Geruchsverwirrung“, weil zu viele verschiedene Gerüche vorhanden sind. Ist die Nasenarbeit für Hunde eigentlich anstrengend?
Ja. Wir machen uns diese Schwierigkeiten im Training auch zunutze, indem die Person, die gesucht werden soll, nicht nur geradeaus läuft sondern auch mal im Kreis oder kreuz und quer. Dann überlagern sich die Geruchspartikel und die Suchaufgabe für den suchenden Hund wird schwieriger. Wir achten aber im Training darauf, dass der Hund immer eine Situation hat, die er noch allein lösen kann.
Zur Person
Lea Jaster ist Biologin, ausgebildete Suchhundetrainerin für Mantrailing und Zielobjekt-Suche ZOS® und Stützpunktleiterin Kiel des K-9 Suchhundezentrums Nord& Hundeschule Eckernförde.
Foto: Capturelight Design
Foto oben: Lydia Borgers
Warum sind Hundenasen eigentlich fast immer feucht? Hat das auch etwas mit dem Riechen zu tun?
Hunde haben in der Nase Schleimhäute mit Schleimdrüsen, die immer ein Sekret aussondern Die Geruchsmoleküle aus der Luft bleiben im Schleim hängen und der Hund kann sie besser aufnehmen. Es hat aber auch mit der Wärmeregulation zu tun. Über das Hecheln, aber auch über die Nase, verdunstet der Hund Feuchtigkeit und kühlt sich ab.
Wie sind deine Erfahrungen mit ehemaligen Straßenhunden? Gibt es besondere Eigenschaften oder Herausforderungen, die sie mitbringen?
Ich habe gerne Straßenhunde im Training, denn sie bringen eine gewisse Intelligenz mit, die sie für das Überleben auf der Straße gebraucht haben. Sie sind fix im Kopf, lernen schnell, und wenn sie ein Problem haben, lösen sie es sehr charmant.
Straßenhunde bringen oft auch einen starken Jagdtrieb mit. Ist Nasenarbeit eine Möglichkeit, den zu kontrollieren?
Nasenarbeit bietet die Möglichkeit dieses Jagdverhalten umzulenken. Der Hund kann sein Bedürfnis nach Schnüffeln und Stöbern ausleben, aber zusammen und kontrolliert durch den Besitzer. Dadurch lernt der Hund gezielt sein Talent zur Jagd einzusetzen und sieht es dann im Alltag als nicht mehr so wichtig an. Meine eigene Hündin ist ein Podenco-Mix und fand die Jagd auf Kaninchen und Katzen großartig. Ich hatte aber dann im Training mal die Situation, dass ein Kaninchen vorbeihoppelte und auf der Straße sitzenblieb. Sie war sehr aufgeregt, hat sich dann aber gegen das Kaninchen und für die Spurensuche entschieden, weil sie die Aufgabe, die versteckte Person zu finden, wichtiger fand.